Es war nur ein Glas Wasser, welches Frau Herzog gebracht wurde. Dieses Glas Wasser gab den Ausschlag, eine gesamte Alters- und Pflegeheim-Kette zu reorganisieren. Was war passiert? Die anwesende Pflegefachkraft wurde von Frau Herzog gebeten, Ihr doch bitte ein Glas Wasser zu bringen, da die Wasserleitung im Zimmer gerade repariert wurde. Selbstverständlich nahm die Pflegefachkraft diesen Auftrag an und machte sich auf den Weg in die Stationsküche. Rund vier Minuten später wurde das frische Wasser im Glas serviert. Für Frau Herzog war die Welt in Ordnung. Und hier hatte ich nun die entscheidende Frage gestellt: Wie teuer war dieses Glas Wasser in der Gesamtprozessbetrachtung und auf Basis einer Vollkostenrechnung?
Serviert von der Pflegefachkraft (ohne Wasserpreis) wurde ein Preis in Höhe von 0,613 Franken ermittelt. Hätte dies eine Gastrofachkraft erledigt, wären die Kosten auf 0,360 Franken gesunken, ohne dabei die jeweilige Effizienz der Fachkraft berücksichtigt zu haben. Stellen Sie sich nur 30 «Wassergläser» pro Tag – hochgerechnet auf 365 Tage – vor. Macht ein Sparpotenzial von rund 2700 Franken pro Jahr.
In einem konkreten Fall war es das Ziel, sämtliche Tätigkeiten ausserhalb der Pflege zu identifizieren und gebündelt an Gastronomie/ Hotelleriefachkräfte zu übergeben. Dies wurde stringent umgesetzt und kontrolliert. Einsparpotenziale von mehreren tausend Franken konnten so generiert werden.
Fast genauso wichtig war aber die Tatsache, dass wertvolle Pflegezeit frei wurde und wieder intensiver beim Gast eingesetzt werden konnte. Und so zwei Neuanstellungen für Pflegefachkräfte um 8 Monate aufgeschoben werden konnten. Dies gab der Pflegeleitung Zeit, sich die richtigen Kandidaten auszusuchen.
Potenzial EDA Kosten
In sehr vielen Institutionen schlummern extreme Optimierungspotenziale. Dabei spielen die EDA-Kosten eine nicht unwesentliche Rolle. Für alle Betriebswirtschafter – EDA – Kosten sind die Kosten von Mitarbeitenden die «Eh DA» sind. Speziell in den «habenwirimmerschonsogemacht» Bereichen. Diese werden jedoch sehr oft aus Betriebsblindheit oder aktiver Bequemlichkeit nicht erkannt. Die Analytik zeigt auf, welche Prozesse Potenzial haben und wo es sich lohnt, genauestens hinzuschauen. Es gilt der Leitsatz: «Jede Sekunde zählt». Eine Prozessanalytik zeigt sämtliche Potenziale auf und es ist dann Sache der Geschäftsleitung, diese auch ab- beziehungsweise auszuschöpfen. Das braucht Mut und den grossen Einsatzwillen aller Beteiligten. Dafür ist das Leben danach oft sehr viel einfacher, übersichtlicher und für alle Beteiligten angenehmer, da eine Auftragsklarheit gegeben ist.
Entscheidendes
Die Basis für einen erfolgreichen Change-Prozess muss vor dem offiziellen Projektbeginn gelegt werden. Hier ist entscheidend, dass sämtliche am Prozess beteiligte Parteien (Geschäftsleitung, Gastronomie, Produktion, Pflege, technischer Dienst und weitere) ein offizielles Commitment zum weiteren Vorgehen an alle Mitarbeitenden des Unternehmens und den direkten Beeinflussern abgeben. Sämtliche Erkenntnisse aus der Analyse werden klar, transparent und für alle Zielgruppen verständlich dargestellt. Bewährt hat sich hierzu eine mehrstufige Workshop Arbeit, welche die angedachten Schritte mit den jeweiligen Zeitfenstern auch visuell aufzeigt und klar macht, was auf welcher Stufe passieren muss/soll und welche Konsequenzen dies möglicherweise für die jeweiligen Abteilungen hat. Dies ermöglicht Mitarbeitenden, welche nicht bereit sind, die Änderungen mitzutragen, sich rechtzeitig wieder dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.
Vor dem Kick Off-Meeting zeigt eine Prozesslandkarte in einer Gesamtübersicht die wichtigsten Meilensteine des Projekts auf. In verschiedenen Projekten wurden nachfolgende Felder für essenzielle Einsparpotenziale ermittelt:
- Das Basis-Angebot für die Gäste
- Menüplanung mit Wareneinkauf
- Produktion und Produktionsmethodik
- Speisenbestellung der Gäste (Vorbestellung oder Essen nach dem Lustprinzip)
- Produktionsverwaltung
- Speisenverteilung – Logistik intern und extern
- Geschirrlogistik
- Abfalllogistik (nicht behandelt)
- Feedbackbehandlung (nicht behandelt)
Das Angebot
Was möchte ich den Gästen überhaupt anbieten? Schon bei dieser Frage scheitern sehr viele Institutionen, da sie die Zielgruppen nur sehr ungenau kennen und sich nicht mit deren Anforderungen auseinandergesetzt haben. Dieses Angebot entscheidet aber schlussendlich, ob eine Person unser Gast wird beziehungsweise werden möchte oder eben nicht. Und sich nicht mit den Anforderungen auseinanderzusetzen, bedeutet leere Betten und dies wiederum bedeutet…
Menüplanung & Wareneinkauf
Immer wieder mussten wir in den Analysephasen feststellen, dass die gesamte Menüplanung inklusive Rezepturen nicht prozesssicher erfasst waren. Vieles war nur auf der biologischen Festplatte des Küchenchefs vorhanden. Wenn die gesamte Produktion in den Köpfen von ein bis zwei Mitarbeitenden «gespeichert» ist, wirkt sich dies bei einer Kündigung fatal aus. Teilweise wurde die Einführung von Software boykottiert, welche alle Prozesse stringent miteinander verknüpft hätte. Warum? Aus Angst, dass man dann plötzlich ersetzbar wird. Diese Angst ist jedoch nur dann begründet, wenn man weiss, dass man nicht die Leistung erbringt, welche eigentlich gefordert wäre. Und darum muss ja auch niemand diese Angst haben, oder? Mit der Einführung der Deklarationspflicht ist eine fehlende Dokumentation sowieso ein absolutes NO GO.
Ohne begleitende Software wird auch der Wareneinkauf mehrheitlich ein wöchentlicher Bauchentscheid, welcher es verunmöglicht, dem Rechnungswesen klare Zahlen für eine mehrstufige Kalkulation zu liefern.
Um diese Potenziale zu ermittlen, werden über mehrere Wochen die gesamten Tagesabläufe minutiös erfasst. Dem gegenübergestellt wird die softwaregestützte Produktion abzüglich der Initialzeiten für die Rezepturerfassungen. Dies ergab in den letzten sieben Reorganisationen nur schon für die Menüplanung ein Zeitsparpotenzial von 730 Stunden im Jahr. Mit dem Einsatz der Software wurden Wareneinkäufe optimiert und damit im Schnitt acht Prozent Einsparpotenzial generiert.
Produktion und Produktionsmethodik
Täglich für die Gäste frisch kochen! Dies schreiben sich sehr viele Küchen auf die Fahne. Doch die Definition von Frische beziehungsweise Frischküche hat eine enorme Spann- und Auslegungsweite. Und kostet dementsprechend. Viel Sparpotenzial liegt in der «kalten Linie». Aber nur dann, wenn die Entkoppelung der Produktionsprozesse auch wirklich über mehrere Tage durchgeführt wird. «Heute kochen für morgen» sehen wir als nicht effizient. Heute für in vier bis fünf Tagen zu kochen, ist der gute Durchschnitt der erfolgreichen Produktionen. Dies ermöglicht den Produktionen einerseits eine gute Vorlaufzeit für das Mise en Place sowie Justiermöglichkeiten vor den jeweiligen Menütagen. Eine optimale Infrastruktur in den sogenannten Kompetenzküchen ermöglicht es den Mitarbeitenden, trotz angelieferten Komponenten noch adäquat auf Wünsche der Gäste reagieren zu können. Und alles, was beispielsweise frittiert wird, kann vor Ort adaptiert werden. Das optimale Zusammenspiel von Prozessküche und Kompetenzküche im zweistufigen Präzisionskochprozess ist das Schlüsselelement für den kulinarischen und den betriebswirtschaftlichen Erfolg der Verpflegungsprozesse.
Essen nach dem Lustprinzip oder Vorbestellung
Für beide Varianten ist die Einführung einer Prozesssoftware unumgänglich. Viele Häuser arbeiten beispielsweise mit Pauli’s Kitchen Solution von Optisoft. Gekoppelt mit dem Konzept «Essen nach dem Lustprinzip» birgt dies einen wesentlichen Teil des Potenzials in der Wertschöpfungskette. Die Bestellmengen werden von den jeweiligen Stationsverantwortlichen einmal pro Woche kompetent für die gesamte Station eingeschätzt und via System elektronisch vorbestellt. Sonderkostformen sind ärztlich verordnet und ebenfalls im System hinterlegt. Durch das «Forecast-Booking» entfällt fast die gesamte Bestellaufnahme pro Gast. Der Gast entscheidet sich am Menütag vor Ort, was er jetzt gerne essen möchte. Das grosse Potenzial ist gleichzeitig auch eine der grössten Herausforderungen für den Betrieb und die Mitarbeitenden. Hier zeigt sich sehr rasch, wer die Bezugspflege lebt oder dies nur als leere Worthülse versteht. Diese wertvollen Mitarbeitenden kennen Ihre Gäste mit allen Vorlieben und Abneigungen und sind sehr gut in der Lage, die Verzehrmengen optimal abzuschätzen. In der Umsetzung
hat sich das Train the Trainer-Prinzip für die laufenden Mitarbeiterschulungen durchgesetzt. Wenn für die Bestellaufnahme pro Gast rund 70 Sekunden eingesetzt werden, stehen bei rund 180 Gästen pro Jahr zusätzlich 1277 Stunden für die vielen Aufgaben zur Verfügung, mit welchen heute unsere wertvollen Pflegefachkräfte täglich, ob gerechtfertigt oder nicht, konfrontiert werden.
Produktionsverwaltung
Die nun gebündelten Bestellungen pro Station, kumuliert pro Haus und gesamthaft zusammengezogen als Produktionsauftrag pro Menü-Tag, gibt der Produktion Auftragsklarheit.
Durch die Zeitentkoppelung sind die Schritte von der Mise en Place-Vorbereitung über die rezeptur- und prozesstreue Herstellung bis zur definierten Verpackungseinheit entschleunigt und, je nach Qualität der Prozessbeschreibung, auch von Hilfskräften optimal zu realisieren. Pro Tag werden pro Haus mehrere Hordenwagen mit den jeweiligen Komponenten bestückt. Diese stehen danach für die externe Logistik in Einfahrkühlern oder dem Auslieferungskühlhaus (zeitentkoppelt für die Logistik) bereit.
Ein Beispiel: Wurde vor der Umstellung zwei Mal täglich und sieben Mal pro Woche in jedes Haus geliefert, so wird heute nur noch drei Mal wöchentlich an ein Haus geliefert. Diese Optimierung generiert eine Einsparung von rund 200 Stunden pro Jahr nur für die Logistik.
Kompetenzküche
Die für die Tagesproduktion vorbereiteten Komponenten stehen gekühlt und verpackt für die weitere Be- und Verarbeitung bereit. Ergänzt mit den tagesaktuellen Frischkomponenten bereitet die Kompetenzküche den im Forecast-Booking definierten Bedarf für die einzelnen Stationen vor. In dieser Phase ist – wie schon mehrfach beschrieben – höchste Professionalität gefordert. Die sorgfältig produzierten Basisprodukte werden nun entsprechend regeneriert und erhalten vor dem Transport auf die Stationen den letzten kulinarischen Schliff. Um eine optimale Wärme- und Kältelogistik gewährleisten zu können, werden für diese Aufgabe meist «aktive» Wagen eingesetzt.
Die Verweildauer der Komponenten im Wärmewagen sollte generell zehn Minuten nicht überschreiten. Damit kann die Qualität der Komponenten optimal erhalten werden. Zeigen sich die Mitarbeitenden der Küche dann auch noch täglich auf den Stationen, erhalten sie wichtige Feedbacks über Qualität und Menge, welche gesammelt an die Produktion gespiegelt werden. Damit kann nach wenigen Monaten der Food Waste auf ein Minimum reduziert werden.
Optimierung der Stationen – Geschirrlogistik
Weissgeschirr bleibt auf den Stationen – Schwarzgeschirr wird zentral gereinigt. Diese Formel birgt ebenfalls ein beachtliches Sparpotenzial.
Ein Beispiel aus der Praxis: Täglich wurde drei Mal sämtliches Weissgeschirr von den Stationen in eine zentrale Abwäscherei gekarrt und dort gereinigt. Das Material in den Wärmewagen wurde an die Zentralküche retourniert. Dieser personal- und lärmintensive Prozess wurde wie folgt optimiert: Nach einer gründlichen Renovation wurden in sämtlichen Stationsküchen moderne Industriegeschirrspüler mit Laufzeiten von drei bis vier Minuten integriert. Dies mit dem Ziel, dass sämtliche Transportwege mit dem Weissgeschirr zukünftig entfallen und dieses auf der Station verbleibt. Damit wurde auch gewährleistet, dass personenbezogene Spezialgeschirr immer vor Ort zu finden ist und die zeitraubenden Suchaktionen entfallen.
Das gesamte Material für die Komponentenlogistik wurde nicht mehr in die Zentralküche retourniert, sondern in der Kompetenzküche gereinigt. Dabei wird der Rückschub der Stationen kontrolliert, um Schritt für Schritt den Food Waste auf ein Minimum zu reduzieren. Das Zeitsparpotenzial für diese Umstellung beträgt rund 800 Stunden pro Jahr, die Suchaktionen für Geschirrteile nicht eingerechnet.
Investitionen
Selbstverständlich bedingen solche Umstellungen auch Investitionen in die Infrastruktur. Diese sollten jedoch nicht über dem kumulierten Wertschöpfungspotenzial von zweieinhalb Jahren liegen.
Cook Box – SIRvice
Das «rollende Buffet», die Cook Box, bietet je nach Ausstattung Platz für die Verpflegung von rund 25 Gästen. Wichtig bei der Entwicklung war, dass die Gastgeber beim Anrichten frontal zu den Gästen stehen und diese sehen beziehungsweise beobachten können. In einem ersten Turnus wurden die «kalkulierten» Portionen pro Gast auf 65 Prozent pro Teller reduziert. Dies im Wissen, dass sehr viele Gäste kleine Portionen bevorzugen. Für die Geniesser wurde ein spezieller SIRvice-Wagen gebaut, welcher für das Nachservice genutzt wird. Speziell ist hier die Höhe des Wagens. Die Gäste können den Inhalt der Komponentenschalen sehen und werden dadurch sehr oft animiert, auch das andere, oft unbekannte Angebot zu probieren. Durch dieses Vorgehen entfallen die Bestellungen von Sonderportionengrössen und keiner der Gäste muss Sorge haben, dass er zu wenig zu essen bekommt. Zweistufiges Prozesskochen: Im ersten Prozessschritt wird ein Basisprodukt an ein bis zwei Tagen zubereitet, beispielsweise 150 Liter Rinderragout, für die Zwischenlagerung in definierten Einheiten abgepackt (heiss abgefüllt im HotFill Beutel), versiegelt, schockgekühlt und bei 2 Grad Celsius eingelagert (Haltbarkeit circa drei Wochen). In Woche eins werden dann 40 Portionen Rinderragout in Senfsauce abgerufen. Hier setzt nun der zweite Präzisionskochprozess ein. Die Senfsaucen-Essenz wird mit dem Basisragout aufbereitet, gefinished und serviert. In Woche zwei steht 30 Mal Rinderragout in Barolosauce im Menüplan. Und in Woche drei Rinderragout in Waldpilzsauce. Aus einem Basisgericht werden drei Gourmetangebote produziert.
Fallbeispiel einer Institution mit vier Häusern und rund 200 Betten. Folgendes Potenzial konnte pro Jahr gehoben werden:
- Menüplanung mit Wareneinkauf: 730 Stunden (und optimierter Wareneinsatz)
- Produktion: vier freie Produktionstage pro Woche
- Speisenbestellung: 1277 Stunden
- Speisenverteilung – Logistik: 200 Stunden
- Geschirrlogistik: 800 Stunden
- Total: 3407 Stunden (x 45 Franken pro Stunde)
Die Projektvorgaben
- Umstellung von der warmen auf die kalte Linie
- Attraktives Menüangebot
- Essen nach dem Lustprinzip
- Verbesserung der Qualität am Teller
- Rasche Reaktionsmöglichkeit bei Sonderwünschen der Gäste
- Keine Mehrkosten (fixiertes Budgetdach)
- Pflegefachkräfte gewährleisten die gastronomischen Dienstleistungen
- Einhaltung des Investitionsbudgets
- Einhaltung der Zeitvorgaben
Falls Sie in der oben genannten Aufgabenstellung Parallelen zu Ihren Betrieben sehen, stehen wir Ihnen für ein erstes Abklärungsgespräch sehr gerne kostenfrei zur Verfügung. Wenn Sie den Mut zur Veränderung haben, reden Sie mit uns.
Frank Forster ist gelernter Hotelkaufmann und Absolvent der Hotelfachschule Villach. Er besitzt umfangreiche Aus- und Weiterbildungen im Bereich Prozessmanagement, seine Spezialgebiete sind Verpflegungsprozessanalyse, Change Management und Resulting.