Ein Team der ETH Zürich hat die sogenannte Pharmakoskopie entwickelt, eine Screening-Plattform, die es ermöglicht, hunderte von Wirkstoffen gleichzeitig an lebenden Zellen aus menschlichem Glioblastom-Gewebe zu testen. Dabei konzentrierten sich die Forschenden auf neuroaktive Substanzen, die die Blut-Hirn-Schranke passieren können, wie Antidepressiva, Antiparkinsonmittel und Antipsychotika. Insgesamt wurden 130 verschiedene Mittel an Tumorgewebe von 40 Patienten und Patientinnen untersucht.
Antidepressivum Vortioxetin zeigt vielversprechende Wirkung
Die Tests ergaben, dass einige der getesteten Antidepressiva, insbesondere Vortioxetin, eine überraschende Wirksamkeit gegen Tumorzellen aufwiesen. Dieses Medikament löst eine Signalkaskade aus, die für neurale Vorläuferzellen wichtig ist und gleichzeitig die Zellteilung unterdrückt. In Mausmodellen zeigte Vortioxetin in Kombination mit der Standardbehandlung eine gute Wirksamkeit gegen Glioblastome.
Klinische Studien in Vorbereitung
Auf Basis dieser Ergebnisse bereitet das Forschungsteam nun zwei klinische Studien vor. In einer Studie sollen Glioblastom-Patient:innen zusätzlich zur Standardbehandlung mit Vortioxetin therapiert werden. In der zweiten Studie wird eine personalisierte Medikamentenauswahl getestet, die mithilfe der Pharmakoskopie für jede/jeden Patienten/Patientin individuell ermittelt wird.
Sicherer und kostengünstiger Therapieansatz
Vortioxetin ist bereits als Antidepressivum zugelassen, was den Vorteil bietet, dass es sicher und kostengünstig verfügbar ist. Da das Medikament bereits zugelassen ist, muss es kein aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen und könnte bald die Standardtherapie bei diesem tödlichen Hirntumor ergänzen.
Warnung vor Selbstmedikation
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse warnen die Forschenden davor, Vortioxetin ohne ärztliche Aufsicht einzunehmen. Die Wirksamkeit beim Menschen und die optimale Dosierung müssen erst in klinischen Studien bestätigt werden. Eine Selbstmedikation wäre ein unkalkulierbares Risiko.
Fazit
Die Entwicklung der Pharmakoskopie und die Identifizierung von Vortioxetin als potenzielles Therapeutikum eröffnen neue Perspektiven in der personalisierten Behandlung von Glioblastomen. Sollten die klinischen Studien erfolgreich verlaufen, könnte dies einen bedeutenden Fortschritt in der Therapie dieser aggressiven Hirntumoren darstellen.