Der Bedarf an Röntgenaufnahmen in Intensivstationen ist in die Höhe geschnellt und hat eine beispiellose Nachfrage nach mobilen Bildgebungssystemen geschaffen, die leicht zu reinigen sind und zwischen den Stationen hin und her transportiert werden können. So hat der OEM-Hersteller Micro-X im Vergleich zum 1. Quartal 2019 einen Umsatzanstieg von 375 Prozent bekannt gegeben, und auch viele andere führende Anbieter vermelden einen deutlichen Anstieg von Bestellungen.
Im Gegensatz dazu sind die Verkäufe von Fluoroskopie- und festen Röntgenstrahlenräumen zurückgegangen, da Ausgaben auf die Pandemie ausgerichtet wurden. Zudem haben Einschränkungen während der Corona-Krise eigentlich geplante Installationen verhindert oder verzögert. Diese Marktvolatilität stellt die Röntgenproduktionsindustrie vor grosse Herausforderungen. Wie geht es weiter?
Deutliche Rückkehr zur Normalität
Die britische Experten von Signify Research sind der Ansicht, dass der Markt in den meisten Regionen ab der zweiten Jahreshälfte 2020 eine starke «V»-förmige Erholung zeigen wird. Da viele Schliessungsmassnahmen aufgehoben wurden und die Gesundheitssysteme neu ausgerichtet werden, erwartet Signify, dass die aufgestaute Nachfrage nach stationären Radiografie- und Fluoroskopiesystemen schnell abgearbeitet wird, wobei ein Teil der geplanten Aufträge für 2020 ins Jahr 2021 verschoben werden könnte, da die Aufarbeitung Zeit in Anspruch nimmt. Für die meisten Marktsegmente wird angenommen, dass die Branche bis 2022 wieder auf dem Niveau vor der Pandemie zurückkehrt.
Die Verschiebung der Nachfrage nach bildgebenden Verfahren ist nur vorübergehend
Die Marktbedingungen im ersten Quartal 2020 hatten sich schlagartig geändert, als die COVID-19-Pandemie eskalierte und die Gesundheitssysteme schockierte. Als Reaktion konzentrierte sich die Gesundheitseinrichtung primär auf den Erwerb von kritischen Schutzmaterialen und auf die Vorbereitung eines erwarteten Ansturms von Patienten. Zuvor geplante Aufträge, die für die Pandemie als nicht wesentlich erachtet wurden, wurden zurückgestellt. Da Untersuchungen und normale Operationen in vielen klinischen Abteilungen auf Eis gelegt wurden, ging das Volumen für radiologische Untersuchungen in diesen Bereichen massiv zurück.
Eine europaweite Umfrage im April 2020 ergab, dass mehr als 50 Prozent der Befragten im Gesundheitswesen erwarteten, dass sich die Situation in 2–3 Monaten wieder normalisieren würde, während fast 25 Prozent davon ausgehen, dass dies mehr als 4 Monate dauern wird.
Da die Ausbreitung des Virus abgenommen hat und die meisten Beschränkungen im zweiten Halbjahr 2020 aufgehoben sein werden, erwarten viele Radiologen, dass ein «Reservoir» geplanter Untersuchungen die Nachfrage ankurbeln wird und damit weitere Herausforderungen für Gesundheitsdienstleister schafft. Mit hohen Volumen wird ein erhöhter Verschleiss an bestehenden Röntgensystemen und ein wachsender Fokus auf Effizienz und Patientendurchsatz entstehen. Aus diesem Grund ist es unwahrscheinlich, dass Gesundheitsdienstleister die Installation von zuvor geplanten Austauschs von Radiografie- und Fluoroskopie-Anlagen abbrechen oder verschieben und stattdessen eher Erneuerungen vorziehen, um die Effizienz zu steigern. Mit der Wiedereröffnung der logistischen Kanäle prognostizieren die Signify-Analysten einen deutlichen Aufschwung, der sich bis 2021 und 2022 fortsetzt.
Auftragsbücher bleiben voll
Jüngste Prognosen von Anbietern von Gesundheitstechnologien haben deutlich gemacht, dass mittelfristig kein drastischer Marktrückgang zu erwarten ist, wobei Aufträge sich lediglich verzögern und nicht storniert werden. Bernd Montag von Siemens Healthineers: «Es handelt sich zurzeit um eine aufgestaute Nachfrage, da die Krise nichts an den zugrunde liegenden Treibern des Gesundheitswesens ändert. Wir haben ein volles Auftragsbuch, es geht nur um den Zeitpunkt, wann Spitäler wieder Lieferungen zulassen.» Abhijit Bhattacharya von Philips Healthcare: «Es ist wichtig festzuhalten, dass wir aufgrund von COVID-19 keine Stornierung von Bestellungen gesehen haben.»
Radiografie und Fluoroskopie kaum von Kürzungen betroffen – aber Risiken für die Märkte in Schwellenländern
Die Wahrscheinlichkeit, dass mittelfristig Gesundheitsbudgets gekürzt werden ist gering, da die Anbieter von Konjunkturpaketen profitieren, die sie in dieser schwierigen Zeit unterstützen sollen. Die Regierungen der USA, Chinas, Japans und Europas haben alle angekündigt, die Leistungserbringer mit mehreren Milliarden Franken zu unterstützen.
Allgemeine Radiografie-Ausrüstung ist in der Regel deutlich günstiger als CT- oder MRT-Geräte. In einigen Regionen belaufen sich die Preise für ein festes System auf etwa 35 000 Franken, während CT- und MRT-Modalitäten in der Regel für mehr als 500 000 Franken verkauft werden. Abgesehen davon, dass es sich um einen kostengünstigeren Kauf handelt, sind allgemeine Radiografiegeräte auch weiterhin einige der am häufigsten verwendeten in Spitälern, wobei eine kürzlich durchgeführte Umfrage insgesamt 152.8 Millionen Untersuchungen mit allgemeinen Röntgengeräten im Jahr 2018 schätzt, verglichen mit 114.9 Millionen in CT, MRT, PET und NM zusammen. Dies positioniert den Markt im Vergleich zu grösseren Ausrüstungen sehr gut, sollte es doch zu Sparmassnahmen kommen.
Die Schwellenmärkte werden jedoch stärker betroffen sein, zumal Märkte wie Brasilien und Mexiko weiterhin mit den steigenden Auswirkungen von COVID-19 mit begrenzten Ressourcen und ohne offensichtlichen Plan zur Bekämpfung der Pandemie zu kämpfen haben. Das allgemeine Wachstum des Radiografiemarktes in einigen aufstrebenden Regionen dürfte daher gedämpft werden. Auf die Schwellenmärkte entfallen rund 26.5 Prozent des Weltmarktes, wobei Lateinamerika, Russland und Indien am stärksten betroffen sein dürften.
Wie wird sich eine zweite Welle auf den Markt auswirken?
Ein weiteres Risiko besteht in der Möglichkeit einer «zweiten Welle» von Infektionen. Nach Meinung der Signify-Analysten hätte dies nur einen begrenzten Einfluss für Radiografie- und Fluoroskopie-Röntgengeräte. Die Nachfrage nach mobiler Bildgebung wurde bereits durch Notausschreibungen erledigt. Die Anbieter sind auch darauf vorbereitet, dass die Pandemie im Laufe des Jahres 2020 wieder zunimmt. Die Märkte dürften daher nur betroffen sein, wenn es wieder zu Schliessungen von Spitalabteilungen kommt und der Zugang zu den Klinikstandorten für die Installation von Ausrüstung einschränken werden. Wenn jedoch die Bildgebungsvolumina in der Zwischenzeit wieder auf das Niveau der Vorpandemie zurückkehren und die Nachfrage nach kritischen Pflegegeräten erfüllt ist, dürften die Auswirkungen eines zweiten Höhepunkts in den meisten Märkten weniger ausgeprägt sein als bei der ersten Welle.
Fazit
Obwohl die Marktprognosen aufgrund der grossen Unsicherheit zurzeit schwierig sind, scheinen die mittelfristigen Aussichten für den allgemeinen Radiotomografie- und Fluoroskopiemarkt nach wie vor vielversprechend. Allgemeine Radiografie-Geräte sind weltweit weiterhin sehr gefragt. Mit der in den nächsten Monaten erwarteten Lockerung der Pandemiemassnahmen wird eine breite Markterholung innerhalb der nächsten zwei Jahre angenommen. Da jedoch einige führende aufstrebende Wachstumsmärkte darum kämpfen, die Pandemie einzudämmen, und die Gefahr einer «zweiten Welle» möglich ist, bestehen nach wie vor mehrere Risiken für die Erholung des Marktes.
Imogen Fitt ist Market Analyst bei Signify Reserach und arbeitet im Healthcare IT Team.
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