Hat die CVP mit ihrer Kostenbremsen-Initiative das des Kolumbus gefunden? Grosse Zweifel sind angebracht. Selbst CVP-Regierungsrat und GDK-Präsident Lukas Engelberger hat kürzlich zu bedenken gegeben, dass der konkrete Vollzug schwierig scheine: «Dies unter anderem mit Blick auf die Erwartung, dass die Kantone Zielvorgaben festlegen, bevor die dafür notwendigen Daten genügend detailliert, transparent und zeitnah vorliegen. Zudem wären insbesondere ressourcenschwache Kantone bei der Umsetzung auf externe Unterstützung angewiesen.» (1) Mit anderen Worten: für die Umsetzung einer Kostenbremse braucht es ein nationalstaatliches Gesundheitswesen.
Wettbewerblich oder staatlich organisiert
Gesundheitswesen können wettbewerblich oder staatlich organisiert werden. Die Nachteile der
Staatsmedizin sind bekannt: Wartezeiten, Rationierungen, Unzufriedenheit bei Bevölkerung und Personal, Dienst nach Vorschrift et cetera. Kein
Wunder, haben im Health Consumer Index mit der Schweiz und Holland zwei wettbewerblich organisierte Länder die Nase vorn (2). Darüber hinaus
haben auch staatliche Gesundheitswesen die Kosten nicht im Griff. Denn die Kostenentwicklung hat viele Ursachen. Die wenigsten kann man mit politischen Massnahmen beheben, es sei denn, man verweigere der Bevölkerung den Zugang zu Gesundheitsleistungen.
Ethisch heikle Bewertungen
Wenn man im Gesundheitswesen ein «Budget» beschliesst, muss jemand entscheiden, welche Leistungserbringer welche Behandlungen durchführen dürfen. Das ist ethisch heikel, weil einerseits verschiedene Krankheiten besser behandelt werden können und sich andererseits Zahl und Alter der Betroffenen ständig verändern. Welche Bevölkerungsgruppen sollen künftig bevorzugt behandelt werden, und für welche Therapien bezahlt man allenfalls nicht mehr? Solche Bewertungen schaffen nur Verlierer.
Schuldenbremse ist kein Vorbild
Die Anhänger einer Kostenbremse nehmen sich die Schuldenbremse des Bundes zum Vorbild. Doch diese bezieht sich auf das Budget des Bundes
als einzigen, zentralen Akteur. Im Gesundheitsbereich sind 13 Kategorien an Leistungserbringern tätig, unzählige Zulieferbranchen und mehrere
Finanzierer. Der Ärztetarif allein umfasst rund 4500 Einzelleistungspositionen, während die Krankenversicherer etwa 100 Millionen Leistungsbelege
pro Jahr verarbeiten. Wenn man hier ein «Budget» beschliesst, muss jemand entscheiden, welche Leistungserbringer welche Behandlungen machen dürfen. Dafür braucht es sehr viele Informationen und Entscheidungen. Und selbst dann ist es eine unlösbare Planungsaufgabe. Das Gesundheitswesen ist ein komplexes System, das aus Wechselwirkungen, Pfadabhängigkeiten, selbstorganisierten Einheiten usw. besteht. Rationierungen und Ineffizienzen sind bei zentralen Entscheidungen absehbar. Hinzu kommt die Dynamik: Mit dem demografischen Wandel und der technologischen Entwicklung müssen diese Entscheidungen über die Zeit angepasst werden.
Planung ersetzt Zufall durch Irrtum (Albert Einstein)
In der Schweiz ist das Gesundheitswesen dezentral organisiert. Das hat sich bewährt. Schliesslich verdanken wir unseren ganzen Wohlstand dezentralen, wettbewerblichen Strukturen. Das Kostenziel der CVP liesse sich mit solchen Strukturen nicht umsetzen. Eine Planungsbehörde würde künftig entscheiden, welche Behandlungen «gerechtfertigt» und welche «ungerechtfertigt» seien. Gott sei Dank können wir diesen bürokratischen Basar verhindern.
QUELLEN
(1) Medinside: Was der oberste Gesundheitsdirektor über ein Kostenziel denkt, 30.6.2020.
(2) Health Consumer Index 2018: https://healthpowerhouse.com/media/EHCI-2018/EHCI-2018-report.pdf
https://healthpowerhouse.com/media/EHCI-2018/EHCI-2018-report.pdf