Wissenschaftler der Universität Würzburg arbeiten zusammen mit einem Pharmaunternehmen an einer Schluckimpfung gegen das Coronavirus. Statt mit einer Spritze soll die Impfung laut Universität in Form einer Kapsel verabreicht werden, die geschluckt werden kann. Die präklinische Entwicklung, die den Weg zu ersten klinischen Studien an Menschen ebnen soll, hat bereits angefangen. «Wir hoffen, in den nächsten Monaten in die Klinische Prüfung einsteigen zu können», sagt Professor Thomas Rudel, der vor etwa einem Jahr die Idee für die orale Schutzimpfung hatte.
Schluckimpfung auch bei normalen Temperaturen «relativ stabil»
Nach Angaben der Uni Würzburg sei der neuartige Impfstoff vergleichsweise günstig herzustellen, einfach zu verabreichen und relativ stabil auch bei normalen Temperaturen. Falls es zur Marktreife kommt, könnte der Impfstoff demnach auch in Ländern eingesetzt werden, in denen es schwierig ist, eine Kühlkette mit Temperaturen von bis zu minus 70°C ohne Unterbrechung zu gewährleisten. «Es wird noch eine Weile dauern, bis die ärmeren Länder impfen können, die dann auch einen robusten Impfstoff benötigen», sagt Rudel, der den Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg leitet.
Bakterien sollen Corona-Antigene produzieren
«Wir verwenden einen Ansatz, der schon seit vielen Jahren, millionenfach als Schutz vor einer Typhus-Infektion im Einsatz ist», sagt Rudel. Der orale Typhus-Impfstoff basiert auf einem speziellen Bakterienstamm, mit dem nun auch Rudel und sein Team an der Uni Würzburg arbeiten. "Wir haben die Bakterien so programmiert, dass sie SARS-CoV-2-Antigene produzieren", sagt Rudel.
In einer Kapsel vor dem Angriff der Magensäure geschützt, sollen die Bakterien im Dünndarm ihre Wirkung entfalten. Rudel hofft, dass alle Schleimhäute in Alarmbereitschaft versetzt werden und Coronaviren so schon am Eindringen in den Körper gehindert werden. «Wir denken, dass unser Ansatz eine wichtige Alternative im Kampf gegen das Virus ist, weil wir voraussichtlich einen Immunschutz auf den Schleimhäuten induzieren können, um Infektionen von Anfang an zu verhindern», sagt Rudel. Die von Rudels Team entwickelten Bakterien sollen gleich zwei Antigene produzieren. Damit soll der Impfstoff laut Universität Würzburg auch bei Mutationen wirksam sein.Pharmaunternehmen soll klinische Tests durchführen
Thomas Rudel und sein Team entwickeln den Impfstoff mit finanzieller Unterstützung der Aeterna Zentaris GmbH. Nach einem erfolgreichen Abschluss der Präklinik ist das Pharmaunternehmen nach Angaben der Universität für die nachfolgenden klinischen Tests zuständig. Rudel ist zuversichtlich, dass die dafür nötigen Genehmigungen relativ schnell vorliegen könnten. Eine Garantie dafür, dass schon bald eine orale Impfung gegen Covid-19 in den Apotheken liegt, gebe es aber nicht, sagt Rudel. Schließlich seien schon viele Wirkstoffe selbst in einem späten Entwicklungsstadium gescheitert. Dieses Risiko bestehe immer.