In sechs bis acht Prozent aller Schwangerschaften treten Erkrankungen auf, die mit erhöhtem Blutdruck einhergehen. In der Fachsprache werden diese als hypertensive Schwangerschaftserkrankungen bezeichnet. Hierzu gehören chronisch erhöhter Blutdruck, schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck und Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung).
Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen zählen zu den Hauptursachen von Krankheit und Tod bei Mutter und Kind. Schwere Formen können bei der werdenden Mutter zu Krampfanfällen, Nieren- und Leberversagen, inneren Blutungen und vorzeitiger Plazentaablösung führen. Beim ungeborenen Kind besteht die Gefahr von Wachstumsstörungen und einer Frühgeburt.
Die Suche nach frühen Anzeichen einer Bluthochdruckerkrankung spielt bei Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft eine wichtige Rolle. Derzeit ist eine zuverlässige Diagnose allerdings erst bei fortgeschrittener Erkrankung möglich, die für Mutter und Kind bereits bedrohlich ist.
Genetische und epigenetische Risikofaktoren
Dass bei der Entstehung hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen genetische Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, ist in Fachkreisen seit Langem bekannt. Neuere Studien weisen darauf hin, dass auch epigenetische Mechanismen daran beteiligt sind. Darunter versteht man chemische Veränderungen des Erbguts. Kleine Moleküle – sogenannte DNA-Methylierungen – werden an bestimmte Abschnitte der DNA angeheftet und bestimmen so, welche Gene an- und welche abgeschaltet werden. Im Gegensatz zum Genom sind epigenetische Mechanismen veränderlich. Sie werden durch äussere Faktoren wie Umwelt, Alter oder Lebensstil beeinflusst.
Mit dem Aufkommen nicht-invasiver pränataler Tests, die eine Analyse der kindlichen und mütterlichen DNA im mütterlichen Blut ermöglichen, wurde in den letzten Jahren vermehrt nach genetischen Markern Ausschau gehalten, die eine Früherkennung hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen erlauben könnten. Allerdings waren diese Bemühungen bisher erfolglos.
Nun haben Forschende des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern, epigenetische Marker entdeckt, die sich zu diesem Zweck eignen könnten. Im Rahmen einer breit angelegten Studie für die insgesamt 589 Frauen zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche rekrutiert wurden, identifizierte das Forscherteam drei Gruppen zu je fünf Frauen. Die erste Gruppe umfasste Frauen mit normalem Blutdruck und Präeklampsie, die zweite solche mit chronisch hohem Blutdruck, aber ohne Präeklampsie, und die dritte – die sogenannte Kontrollgruppe – Frauen, die weder Bluthochdruck noch eine Präeklampsie hatten.
Epigenetisches Muster nahezu identisch bei Präeklampsie und Bluthochdruck
Anhand von Blut- und Gewebeproben der Probandinnen erstellte das Forscherteam eine detaillierte Analyse aller DNA-Methylierungen sowie der damit verbundenen genetischen Aktivitäten und klinischen Befunde. Dabei konnten sie bei den Frauen aus der ersten und zweiten Gruppe dasselbe charakteristische epigenetische Muster nachweisen. Bei der Kontrollgruppe fanden die Forschenden dieses Muster hingegen nicht. Die Auswertungen zeigten auch, dass das beobachtete epigenetische Muster für die Aktivierung von Genen verantwortlich ist, die besonders anfällig für Herz-Kreislauf-Krankheiten machen.
«Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass das von uns identifizierte epigenetische Muster gleichzeitig verantwortlich ist für Präeklampsie, chronischen Bluthochdruck und später auftretende Herz-Kreislauf-Krankheiten», erklärt Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Co-Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Inselspital. «Mit diesem charakteristischen
Muster epigenetischer Veränderungen besitzen wir einen potentiellen Biomarker, der sich in einem Bluttest nachweisen lässt und so zur Entwicklung eines Früherkennungstests für hypertensive Erkrankungen genutzt werden könnte. Ein solcher Test würde uns erlauben, rechtzeitig Massnahmen zum Schutz von Mutter und Kind zu ergreifen und so schwere hypertensive Schwangerschaftskomplikationen zu vermeiden.».