Mary-Anne Hartley ist Ärztin und Forscherin an der ETH Lausanne (EPFL). Gemeinsam mit ihrem Team und Universitätsspitälern arbeitet sie daran, mittels Algorithmen Covid-19 zu diagnostizieren und vorauszusagen, wie schwer die Patienten erkranken werden.
Die neuen Deep-Learning-Algorithmen nannten die Forschenden DeepChest und DeepBreath. Beim DeepChest nutzen sie Daten aus Lungenultraschallbildern, beim DeepBreath abgehörte Atemgeräusche, die sie mit einem digitalen Stethoskop erfassen. «Die bisherigen Ergebnisse sind sehr vielversprechend», sagte Martin Jaggi von der EPFL.
Tausende Patientendaten als Grundlage
Die Grundlage für DeepChest bilden Lungenultraschallbilder von tausenden Corona-Patienten, die in die Notaufnahme des Universitätsspital Lausanne (CHUV) eingeliefert wurden.
Am Genfer Universitätsspital hört Alain Gervaix, Kinderarzt und Infektiologe, seit 2017 Atemgeräusche bei Patientinnen und Patienten ab, um ein intelligentes digitales Stethoskop, das "Pneumoskop", zu entwickeln. Die Idee sei ihm im Gespräch mit seiner Tochter gekommen: Er erklärte ihr, dass er beim Abhorchen der Lunge Geräusche hören könne, die helfen, Asthma, eine Bronchitis oder Lungenentzündung zu erkennen, so der Genfer Arzt.
Diese Daten verwendeten die EPFL-Forschenden, um den DeepBreath-Algorithmus zu entwickeln. Erste Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass er Veränderungen im Lungengewebe feststellen kann, bevor die Krankheit ausbricht. So lassen sich asymptomatische Covid-19-Patienten frühzeitig erkennen. Die Forschenden hoffen, dass die Anwendung bald zur Verfügung stehen wird.
Andere Anwendungen möglich
Das Team verfeinert die Algorithmen weiter - unter anderem mithilfe eines einjährigen Hackathons, den Hartley im März ausgerufen hatte. «Wir wollen robuste und vertrauenswürdige Instrumente schaffen, die auch nach der Pandemie noch von Nutzen sind», sagte sie.
So hoffen die Forschenden, dass die Algorithmen einst zwischen viraler und bakteriellen Lungenentzündung unterscheiden können- um einen Beitrag im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen zu leisten.
Zudem arbeiten sie daran, dass die Algorithmen auch auf Mobiltelefonen funktionieren. Bereits im Frühjahr entwickelten EPFL-Forschende eine auf künstlicher Intelligenz basierende App, die den typischen Corona-Husten erkennen soll.