Ein internationales Forschungsteam der ETH Zürich, der Universität Zürich und der New York University hat eine neuartige Methode zur gezielten Stimulation von Hirnnetzwerken entwickelt. Mit einem sogenannten Ultraschall-Hologramm können mehrere Punkte im Gehirn gleichzeitig beeinflusst werden – ein Durchbruch in der nicht-invasiven Neuromodulation.
Während Ultraschall in der Medizin traditionell für die Bildgebung oder Gewebetherapie eingesetzt wird, dient er hier zur gezielten Steuerung neuronaler Aktivität. Die Forschenden nutzten dazu eine spezielle Haube mit mehreren hundert Ultraschall-Wandlern, die kurze Impulse erzeugen. Durch die Überlagerung dieser Wellen entstehen im Gehirn mehrere präzise Brennpunkte, ähnlich einem optischen Hologramm.
Stimulation ganzer Hirnnetzwerke
«Das Gehirn funktioniert in Netzwerken. Es ist daher einfacher, ein Hirnnetzwerk anzuregen oder zu dämpfen, wenn man das an mehreren Punkten gleichzeitig macht», erklärt Daniel Razansky, Professor an der ETH Zürich und der Universität Zürich.
Die neue Technik ermöglicht es, Hirnareale gezielter und mit deutlich geringerer Intensität zu stimulieren. «Je weniger intensiv der Ultraschall, desto sicherer ist das für das Gehirn», betont Razansky. Frühere Ansätze litten häufig unter einem sogenannten Alles-oder-nichts-Effekt – zu schwacher Ultraschall zeigte keine Wirkung, zu starker führte zu unkontrollierter Erregung oder Überhitzung des Gewebes.
Nicht-invasiv und potenziell vielseitig einsetzbar
Die Neuromodulation erfolgt bei dieser Methode durch die Schädeldecke hindurch – ein chirurgischer Eingriff ist nicht nötig. In den Laborversuchen an Mäusen gelang es dem Forschungsteam, durch die gleichzeitige Modulation mehrerer Hirnareale die Aktivität ganzer Netzwerke zu steuern.
Niedrigintensive Ultraschallimpulse wirken dabei nicht nur thermisch, sondern auch mechanisch auf Nervenzellen. Sie beeinflussen vermutlich Proteinkanäle an der Zelloberfläche, die den Transport von Ionen regulieren – ein Mechanismus, der für die neuronale Signalübertragung entscheidend ist.
Perspektiven für neurologische Therapien
Mit der neuen Technologie können Forschende die Aktivität im Gehirn nicht nur gezielt verändern, sondern auch in Echtzeit sichtbar machen. Das eröffnet neue Wege für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Tremor, Epilepsie oder Depressionen.
«Zunächst müssen wir lernen, wie wir den Eingriff kontrollieren können, und wir müssen gewährleisten, dass er für die Behandlung von Gehirnerkrankungen sicher und wirksam ist», sagt Razansky. In künftigen Tierversuchen soll die Methode weiter getestet werden, bevor sie in die klinische Forschung überführt wird.
Literatur
Estrada H, Chen Y, Lemaire T, Davoudi N, Özbek A, Parduzi Q, Shoham S, Razansky D: Holographic transcranial ultrasound neuromodulation enhances stimulation efficacy by cooperatively recruiting distributed brain circuits. Nature Biomedical Engineering 2025, doi: 10.1038/s41551-025-01449-x