Seit dem Entscheid des Berner Grossen Rates am 13. Juni 2023 bezüglich der Ansiedelung einer Abteilung des Technologie-Innovationszentrums CSEM wurde die medizinische und klinische Forschung auf dem Inselcampus aktiv vorangetrieben. Zehn neue Kooperationsprojekte mit verschiedenen Universitätskliniken und der Universität Bern wurden gestartet.
Zu den bisherigen Arbeiten in der Frauenheilkunde, der Neurologie und Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus sind nun auch Projekte in Zusammenarbeit mit den Bereichen Pneumologie, Kardiologie und Chirurgie entstanden: Allen Vorhaben gemeinsam ist das Ziel, durch neue Mess-Technologien die Betreuung und Überwachung von Patienten und Patientinnen zu vereinfachen und dank künstlicher Intelligenz und Algorithmen die Ärzteschaft in der Diagnostik und der Therapie-Optimierung zu unterstützen. Im Folgenden stellen wir eine Auswahl interessanter Produkte vor.
Möglichkeiten der Fernüberwachung
Technologien für die Fernüberwachung von Patienten (Remote Patient Monitoring – RPM) haben sich im Verlauf der Pandemie als hilfreich erwiesen, und ihre Bedeutung nimmt weiter zu. RPM kann bei verschiedenen Arten von digitalen Gesundheitslösungen verwendet werden, um die Pflege persönlicher, bequemer und kostengünstiger zu gestalten.
Zu den wichtigsten Vorteilen der Fernüberwachung gehören betriebliche Effizienz, Kosteneinsparungen, verbesserter Zugang zu Pflege, höhere Pflegequalität und Unterstützung des medizinischen Personals. «Viele medizinische ‹Wearables› am CSEM wurden ursprünglich für die Überwachung der Astronauten im Weltraum entwickelt. Diese mussten leicht, robust und kompakt sein und extremen Bedingungen standhalten. Im Laufe der Zeit haben technologische Fortschritte und die Miniaturisierung von Sensoren die Entwicklung von tragbaren Geräten ermöglicht, die zur Überwachung von Vitaldaten zu Hause geeignet sind», sagt Jens Krauss, VP Systems bei CSEM.
Schwangerschaftsgurt
CSEM und die Frauenklinik des Universitätsspitals Bern (Inselspital) vereinfachen die kontinuierliche Überwachung von Schwangerschaft und Geburt durch den Einsatz von tragbaren, intelligenten Trockenelektroden und künstlicher Intelligenz (KI). So ein Gurt würde vielen Frauen nützen, vor allem den Risiko-Schwangeren. Wenn die Mutter krank wird, oder wenn sich das Kind nicht so gut entwickelt, entscheidet man sich heute häufig für eine Hospitalisation. Dies liesse sich künftig durch eine Heimüberwachung mit solch einem Gurt vermeiden. Darüber hinaus soll die künstliche Intelligenz die Ärzteschaft bei der Analyse von CTG-Daten unterstützen. Zu diesem Zweck wurde ein KI-basiertes Expertensystem entwickelt, das bei der Entscheidungsfindung hilft.
Epilepsie: Tag-Nacht-Überwachung
Epilepsie und Schlafstörungen erfordern eine effektive Überwachung der Hirnaktivität. CSEM und das Inselspital, Universitätsspital Bern, haben gemeinsam eine Lösung entwickelt, die eine zuverlässige, langfristige und kontinuierliche Überwachung der Hirnaktivität während des Tages und vor allem in der Nacht ermöglicht – und das bequem von zu Hause aus. Die genaue Überwachung der Hirnaktivität während der Anfälle spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und der wirksamen Behandlung der Epilepsie, und sie ermöglicht individuelle Behandlungspläne für jeden einzelnen Patienten.
Diabetes per Stimme überwachen
Die kontinuierliche Innovation im Bereich der medizinischen Geräte zielt darauf ab, die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern und die Belastung der Patientinnen und Patienten zu verringern. Dies gilt auch für Personen mit Diabetes. Deshalb arbeiten CSEM und das Inselspital, Universitätsspital Bern, an nicht-invasiven, nicht-intrusiven Lösungen zur Erkennung von Hypoglykämie, welche die Stimme und andere physiologische Signale nutzen.
Langzeitüberwachung der Lunge
Lungenkrankheiten gehören zu den häufigsten Todesursachen in der EU. Bisherige Methoden zur Analyse von Brusterkrankungen sind teuer, unbequem, invasiv oder verwenden ionisierende Strahlung. Als Antwort darauf hat das von der EU finanzierte Welmo-Konsortium kostengünstige und energiesparende Sensoren entwickelt, die in eine bequeme und sichere Weste integriert sind. Dies ermöglicht die Fernüberwachung der Lunge durch die Erfassung von atmungsabhängigen Brustgeräuschen und elektrischen Impedanz-Tomografie-Signalen.
Optische Blutdruckmessung
Fast die Hälfte der Menschen, die an Bluthochdruck leiden, sind sich ihrer Erkrankung nicht bewusst und behandeln sie daher nicht rechtzeitig. Die Gefahr besteht, dass schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt entstehen. Ein erster Schritt bei der Behandlung von Bluthochdruck besteht somit darin, die Krankheit zu erkennen und dann den Blutdruck kontinuierlich und ambulant zu überwachen.
Blutdruckmessung am Handgelenk
Aktiia hat klinisch validierte Software-Algorithmen entwickelt, die eine kontinuierliche Blutdruckmessung über am Handgelenk getragene optische Sensoren ermöglichen. Es ist das Ergebnis von mehr als 15 Jahren Forschung am CSEM. Das Aktiia-Armband ist das erste medizinische Produkt, das Bluthochdruck automatisch und ohne menschliches Zutun misst. Die Daten werden in einer Zusatzapplikation visualisiert, und mit einem einfachen Klick kann eine digitale Zusammenfassung an eine Fachperson weitergegeben werden, um eine gezieltere und rechtzeitige Behandlung zu ermöglichen.
Blutdruckmessung per Smartphone
Das Start-up Biospectal hat sich zum Ziel gesetzt, das Blutdruckmanagement zu demokratisieren. Die Applikation läuft auf einem normalen Smartphone und nutzt die eingebaute Kamera, um den Blutfluss über die Fingerspitze aufzuzeichnen und zu messen. Eine Messung wird in ca. 20 Sekunden durchgeführt – der Hälfte der Zeit mit einer herkömmlichen Blutdruckmanschette. Die Lösung basiert auf mehr als 15 Jahren Forschung und Entwicklung am CSEM und fünf Jahren klinischer Tests, hauptsächlich am Universitätsspital Lausanne. Die wichtigsten Vorteile:
- Die einfache Nutzung eines bereits vorhandenen, allgegenwärtigen Geräts – des Smartphones – reduziert verschiedene Barrieren für die Messung.
- Der Weg vom Messen bis zum Handeln wird verkürzt.
- Der Blutdruck kann in einer «natürlichen» Umgebung gemessen werden, was Stress reduziert.
- Über das globale Gerätenetz werden neue Dateneinblicke möglich, was einen hohen Wert für die Arzneimittelentwicklung hat und indirekt die Gesundheitskosten senken kann.
- Der Blutdruck kann in einer «natürlichen» Umgebung gemessen werden, was Stress re- duziert.
- Über das globale Gerätenetz werden neue Da- teneinblicke möglich, was einen hohen Wert für die Arzneimittelentwicklung hat und indi- rekt die Gesundheitskosten senken kann.