Welche globalen Entwicklungen sind für Hotellerie und Gastronomie besonders interessant? Wie schafft man ein Betriebsklima, in dem sich Gäste wohlfühlen und Mitarbeitende aufblühen? Das sind nur zwei der vielen Fragen, die am HGU Fokus Zukunft vom vergangenen Montag, 1. September 2025, von renommierten Fachreferenten behandelt und anschliessend in Workshops vertieft wurden.
KI-Trend und Gegentrend
Roger Spindler, Direktor an der Schule für Gestaltung Bern und Referent für das Zukunftsinstitut Frankfurt am Main (D), zeigte in seinem inspirierenden Referat auf, wie sich Leben und Arbeiten in den nächsten Jahren verändern werden – und welche globalen Herausforderungen auf Einzelpersonen, Gesellschaft und Gastgeber zukommen. Eine grosse Herausforderung ist die Unterscheidung zwischen Fakten und Fakes. Eine weitere besteht darin, dass künstliche Intelligenz in vielen Bereichen schneller und oft auch bessere Lösungen bietet als der Mensch. Wir müssen lernen, mit dieser Entwicklung umzugehen und sie klug für uns zu nutzen, um nicht abgehängt zu werden. Da jeder Trend einen Gegentrend erzeugt, gilt es im Gegenzug, digitalfreie Räume und Angebote zu schaffen – Orte der Regeneration, der zwischenmenschlichen Begegnung und der Naturerfahrung. Hier sieht Roger Spindler grosse Chancen für das Gastgewerbe, denn: «Zukunft ist viel mehr als nur Technologie.»
Kein Ponyhof, aber faire Arbeitsbedingungen
Patrick Mollet von «Great Place to Work» in Zürich erklärte, was Mitarbeitende brauchen und wünschen, um langfristig im Betrieb und in der Branche zu bleiben. Wertschätzung, Sinnhaftigkeit der Arbeit und angenehme Arbeitsbedingungen seien wichtig – ein Schlüsselfaktor jedoch sei der Führungsstil. «Heute muss Führung hyperindividualisiert sein. Nicht, weil wir ein Ponyhof-Feeling im Betrieb wollen, sondern weil wir wollen, dass alle Mitarbeitenden ihre jeweils bestmögliche Leistung zugunsten unserer Unternehmung erbringen können», sagt Patrick Mollet. Führungskräfte müssten sich deshalb fragen: «Welche Bedingungen brauchen die Mitarbeitenden, um ihr volles Potenzial entfalten zu können?» Seine Kollegin Andrea Obrist erarbeitete in einem Workshop gemeinsam mit den Teilnehmenden, wie man Jugendliche für das Gastgewerbe begeistert und erfolgreich durch die Ausbildung begleitet.
Mit Emotionen umgehen
«Emotionen steuern unseren Alltag – dagegen können wir gar nichts tun», sagte Stefan Mühlemann, Mitgründer von Ciel, dem Centre de l’Intelligence Emotionelle et du Leadership in Baar/ZG. Er ergänzte: «80 Prozent unserer Entscheidungen laufen unbewusst ab.» In seinem Referat erklärte er, warum es essenziell ist, bewusst und intelligent mit Emotionen umzugehen – mit den eigenen ebenso wie mit denen von Mitarbeitenden und Gästen. Dies ist nicht nur für eine resiliente Haltung und bessere Teamführung wichtig, sondern vor allem auch, um ein guter Gastgeber zu sein. Wie man mit Emotionen – eigenen wie fremden – am besten umgeht, durften die Teilnehmenden am Nachmittag im Workshop selbst erfahren. In praktischen Übungen lernten sie, trotz vollem Haus und hohem Druck gelassen zu bleiben, ruhig zu kommunizieren und den Teamzusammenhalt zu stärken.
Künstliche Intelligenz begeistert
Besonders gross war das Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Workshop «Künstliche Intelligenz». Da man sich bereits bei der Anmeldung zum HGU Fokus für zwei der fünf angebotenen Workshops entscheiden musste, war dieser früh ausgebucht. Jonas Schäfer, erster Preisträger des Next-Gen-Awards, den die Hotel & Gastro Union 2023 ins Leben gerufen hat, ist Spezialist für die Implementierung von künstlicher Intelligenz in der Hotellerie und Gastronomie. In seinem Workshop konnten die Teilnehmenden mit ihren eigenen mobilen Geräten den Umgang mit verschiedenen KI-Tools üben und dabei von Jonas Schäfers IT- und Gastgewerbe-Know-how profitieren. Für ihn ist klar: «Hotellerie und Gastronomie müssen sich intensiver mit KI auseinandersetzen. Die Technologie ist schon sehr weit – die Branche ist es noch nicht.» Um sich für die Zukunft zu rüsten, müssten Betriebe ihre Prozesse analysieren sowie zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen schaffen. Erst wenn diese Vorarbeit geleistet ist und man weiss, was man will und braucht, kann die Suche nach dem geeigneten KI-Tool beginnen.
Von anderen Branchen lernen
Im Workshop «Cross Innovations» ging es darum, von anderen Branchen und Märkten zu lernen und sich inspirieren zu lassen. Die Teilnehmenden lernten, wie sie in nur fünf Schritten einen Cross-Innovations-Prozess durchlaufen und daraus Innovationen entwickeln können – beispielsweise, indem sie Medien und Hotellerie einander gegenüberstellen und ergänzende Elemente identifizieren. So entstand unter anderem die Idee eines Pop-up-Hotels für Influencer – zugeschnitten auf die Bedürfnisse einer spezifischen Gästegruppe mit Blick auf den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes.
Gesunde Haut als Erfolgsfaktor
Da Gesundheit auch in Zukunft eine wichtige Grundlage für Leistungsfähigkeit und Erfolg ist, durfte das Thema Arbeitssicherheit nicht fehlen. Besonders die Haut – das grösste Organ des menschlichen Körpers – wird oft unterschätzt. Dr. Doreen Droste, Fachärztin für Arbeitsmedizin, sensibilisierte die Teilnehmenden für die Gefahren berufsbedingter Hautschädigungen und zeigte Schutzmöglichkeiten sowie deren korrekten Einsatz auf.
Netzwerken über Verbandsgrenzen hinweg
Zwischen den Fachreferaten und Workshops blieb den Teilnehmerinnen und Teilnehmern reichlich Zeit für Austausch – über die Grenzen der fünf Berufsverbände hinweg. «Die erste Durchführung dieses Bildungsforums für alle fünf Berufsverbände der Hotel & Gastro Union in der Deutschschweiz ist gleichzeitig mein erster Event, den ich bei der Hotel & Gastro Union als Projektleiterin durchführen durfte», sagte Sabrina Ott. Sie freue sich über den grossen Anklang des Formats HGU Fokus Zukunft. Die Event- und Marketingmanagerin ergänzte: «Es waren rund 140 Teilnehmende aus allen Berufsverbänden anwesend. Wir werten das als Zeichen für die Relevanz des Anlasses – der ohne die grosszügige Unterstützung von Pistor als Presenting Partner nicht in dieser Form hätte stattfinden können.»
Für 2026 ist ein weiterer HGU Fokus-Event geplant – diesmal in der französischen Schweiz. Weitere Informationen folgen zu gegebener Zeit.