Die Universität Bern und das Inselspital, Universitätsspital Bern investieren massiv in die Sicherung und in den Weiterausbau ihrer führenden Stellung im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin. Mitte November wurde die Gründung des Center for Artificial Intelligence in Medicine (CAIM) angekündigt. Nun erscheint eine Studie zur Covid-19-Erkennung, die eindrücklich die Bedeutung von KI in der Medizin unterstreicht. KI-gestützte Technologien könnten so in Zukunft während einer globalen Pandemie eine Überlastung der Gesundheitssysteme vermeiden helfen.
Was wurde genau untersucht?
Zunächst wurde ein KI-Algorithmus «trainiert». Die Trainingsdaten umfassten 7988 Fälle, 258 davon mit Covid-19 und 5451 mit anderen Lungenentzündungen. Für den Vergleich zwischen Radiologiefachleuten und der KI-Analyse wurden je 100 Fälle ausgewählt. Elf Radiologinnen und Radiologen mit unterschiedlicher Expertise waren beteiligt. Korrekte Bestimmungen in drei Kategorien wurden verglichen: «normale Lunge», «andere Lungenentzündung» und «Covid-19-Erkrankung».
Klare Resultate: KI deutlich besser als Fachleute
Im Durchschnitt aller drei Kategorien analysierte die KI 94% der Bilder korrekt. Die Radiologen kamen dagegen auf 61% korrekte Bestimmungen. Der grösste Unterschied ergab sich bei der Bestimmung der Covid-19-Erkrankungen. Die KI konnte 97% der Fälle korrekt zuordnen, die Radiologen dagegen 53% . Prof. Dr. Andreas Christe, Chefarzt Radiologie kommentiert dazu: «Die Radiologinnen und Radiologen sind erfahrungsgemäss gut im Erkennen einer Abnormität («normale Lunge» gegenüber «erkrankte Lunge»). Darin waren sie auch fast gleich gut wie die KI. Aber in der Einteilung der Pneumonien in Covid- und Nicht-Covid-Fälle war der Computer weit überlegen. Das legt den Schluss nahe, dass der Computer auf den Bildern etwas erkennen kann, das dem menschlichen Auge entgeht. Diesem Aspekt wird in kommenden Forschungsvorhaben noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Im Zusammenwirken einer KI-gestützten Bildanalyse und der ärztlichen Expertise holen wir das Optimum aus den neuen Technologien heraus.»
Interdisziplinäre Zusammenarbeit sichert schnelle Umsetzung in der klinischen Praxis
Verschiedene nationale und internationale Forschungsgruppen versuchen in interdisziplinärer Zusammenarbeit die Diagnostik und die Prognostik der Covid-19-Erkrankung voranzutreiben. Hier kann das Forschungsteam von ARTORG-Inselspital die Stärke des Standorts Bern ausspielen. Prof. Dr. Stavroula Mougiakakou, Leiterin der Forschungsgruppe «AI in Health and Nutrition» an der Universität Bern erklärt: «Seit sieben Jahren arbeiten unsere Expertinnen und Experten für KI nun mit den Ärztinnen und Ärzten der Radiologie in einer gemeinsamen Forschungsgruppe zusammen. Wir haben in dieser Zeit eine gemeinsame Sprache und ein transdisziplinäres Verständnis entwickelt. Die Kombination des medizinischen Fachwissens und der Expertise in KI beschleunigt die Umsetzung in die klinische Praxis. Der Einsatz von KI wird die Art und Weise, wie wir Krankheiten diagnostizieren schon in naher Zukunft verändern.»
Zur Weiterentwicklung und Validierung des Berner Systems wird das Team eine Multicenter-Studie in enger Zusammenarbeit mit den Universitätskliniken Zürich und Lausanne sowie anderen europäischen Universitäten durchführen. So kann die Kombination von Röntgen-Bildgebung und KI helfen, Patientinnen und Patienten bei Erstdiagnose in unterschiedliche Risikogruppen für schwerere oder mildere COVID-19-Verläufe einzuteilen.
Links:
- Originalpublikation: https://journals.lww.com/investigativeradiology/Abstract/9000/A_Deep_Learning_Diagnostic_Support_System_for_the.98745.aspx
- ARTORG, AIHN https://www.artorg.unibe.ch/research/aihn/index_eng.htm
- Insel Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie, Forschung http://www.radiologie.insel.ch/de/lehre-und-forschung/forschung-studien
- CAIM http://caim.unibe.ch/